Behandlung nur bei Kostenerstattung - Artikel der Medical-Tribune

Ambulante Operateure machen Kassenknauserei nicht mit


Behandlung nur bei Kostenerstattung
BENSHEIM - In Hessen können sich AOK-Versicherte nur noch gegen Kostenübernahme "zeitnah" ambulant operieren lassen. Ein Verfahren, das auch andernorts bald Schule machen könnte. Denn etliche Modellversuche und Strukturverträge sind ausgelaufen, und die Kassen versuchen, beim ambulanten Operieren künftig Geld zu sparen. Operateure und KVen wehren sich. Ist das der Einstieg in ein Kostenerstattungssystem?
 
70 AOK-Patienten hat Dr. Hans Josef Könen, Vorsitzender des hessischen Landesverbandes Ambulantes Operieren (LAOH), umgehend behandelt – nachdem sie sich schriftlich zur Kostenübernahme verpflichtet hatten. Denn seitdem die AOK den Strukturvertrag übers ambulante Operieren zum Ende September 2001 gekündigt hat und ein neuer Vertrag nicht zu Stande kommt, sind solche Leistungen im KV-Honorarverteilungsmaßstab mit "0 Euro" ausgewiesen. "Eine Abrechnung über die KV findet bei AOK-Patienten nicht mehr statt", sagt Dr. Könen.

Punktwerte von 12 Pf. das Minimum
Die AOK, die in wochenlangen Verhandlungen mit der KV den Op.-Katalog und die Honorare kürzen wollte, ist jetzt gekniffen. Denn auf den Tischen ihrer Sachbearbeiter stapeln sich rund 7500 Anträge auf Kostenübernahme für ambulante Operationen – auf Basis des im alten Strukturvertrag gültigen Punktwerts von 12 Pfennig. Um die Versicherten nicht zu verprellen, wurden auch schon viele Finanzierungszusagen erteilt, heißt es bei der AOK-Pressestelle.
 
Das Sozialministerium drängt AOK und KV zur raschen Einigung, doch die Operateure sehen sich am längeren Hebel: Ohne sie kann die KV das Angebot notwendiger ambulanter Operationen nicht sicherstellen. Sauer ist der LAOH-Chef auf die KV wegen eines im November ausgehandelten Vertragsentwurfs, der eine Verringerung des Punktwerts von 12 auf 10 Pfennig und eine Streichung des Op.-Katalogs von 82 auf 33 Positionen vorsah. Der Entwurf wurde nach heftiger Kritik der betroffenen Mediziner im KV-Vorstand und in der Vertreterversammlung zurückgewiesen.
 
Die AOK will jedoch keine "überhöhten Honorare" mehr zahlen; der seit 1997 gültige Strukturvertrag habe nur als Anschubfinanzierung dienen sollen. Davon sei nie die Rede gewesen, widerspricht Dr. Könen. Einen Punktwert von 12 Pf. hält er für "das betriebswirtschaftliche Minimum". Die Operateure sind allerdings durchaus daran interessiert, weitergehend in ein Kostenerstattungssystem einzusteigen.
 
"Ab 1. Februar werden wir nur noch gegen Kostenübernahme der betreffenden Kasse ambulant operieren", heißt es auch in Rheinland-Pfalz drohend. "Kein Arzt weiß mehr, mit welchem Euro-Betrag eine von ihm erbrachte ambulante Op. bezahlt wird", beklagt Dr. Andreas Bartels, Vorsitzender des Landesverbandes für ambulante Anästhesie und Operation, in einem Schreiben an den rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Florian Gerster. Die meisten Strukturverträge zwischen den vier KVen und den Krankenkassen sind Ende 2001 erloschen oder gekündigt worden. Während die Ersatzkassen noch ums Honorar feilschen, will die AOK weder bestehende Strukturverträge weiterführen noch neu verhandeln.
 
Und auch in Schleswig-Holstein wird gerungen. Nur der VdAK ist gewillt, den Vertrag zum ambulanten Operieren fortzuführen. Die Primärkassen haben die Modellvereinbarung mit der KV gekündigt; die AOK möchte nur noch einzelne ambulante Op.-Zentren fördern. Das Problem ist dasselbe wie andernorts: Die Zahl ambulanter Operationen ist – wie politisch gewünscht – drastisch gestiegen, doch die von den Kassen erhoffte Reduzierung der stationären Kosten ist nicht erfolgt.

Subventionierung eingestellt
Dr. Klaus Bittmann, KV-Chef und Vorsitzender der Ärztegenossenschaft in Schleswig-Holstein, weist darauf hin, dass die KV nun nur noch Finanzmittel auf Basis des Jahres 1996 – fachgruppenspezifisch und ohne Subventionierung durch nicht operierende Kollegen – bereitstellt. Sobald diese ausgeschöpft seien, müssten die Operateure den Primärkassenversicherten erklären, warum Wartelisten, stationäre Einweisungen oder Kostenerstattung notwendig würden.
 
Medical Tribune: http//www.medical-tribune.de/070politik/operateure


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